1. Worum geht es in dieser Studie?
Diese qualitative Studie aus den USA erforscht, wie Paar- und Familientherapeut:innen (CFTs) soziale Gerechtigkeit in ihrer klinischen Praxis umsetzen. Obwohl soziale Gerechtigkeit in den letzten Jahrzehnten in vielen Ethikrichtlinien und Ausbildungsprogrammen betont wurde, fehlte bislang empirisches Wissen darüber, wie sie konkret im Therapiealltag gelebt wird. Anhand von Interviews mit 22 Therapeut:innen wird untersucht, wie sie soziale Gerechtigkeit definieren, kritisch reflektieren, Ungleichheit im Raum thematisieren und sich für ihre Klient:innen engagieren – sowohl im Kleinen (Mikroebene) als auch im Großen (Makroebene).
2. Was haben die Forschenden herausgefunden?
- Definition von sozialer Gerechtigkeit: Ethischer Kern der Arbeit, mit Fokus auf Gleichwürdigkeit, Teilhabe und Sichtbarmachung von Machtstrukturen.
- Entwicklung kritischer Bewusstheit: Oft durch persönliche Erfahrungen, nicht durch Ausbildung geprägt.
- Therapiealltag: Unterschiedliche Herangehensweisen – von direkter Thematisierung bis zu vorsichtiger Klient:innenorientierung.
- Engagement: Von Mikrointervention bis politischem Aktivismus, jedoch oft unter strukturellen Begrenzungen.
3. Warum ist diese Studie für praktizierende Paartherapeut:innen interessant?
- Zeigt, wie soziale Gerechtigkeit praxisnah umgesetzt werden kann.
- Ermutigt, Diskriminierung und Ungleichheit therapeutisch sensibel zu thematisieren.
- Stärkt die ethische und politische Reflexion der eigenen Haltung und Ausbildung.
- Impulse für Validierung marginalisierter Erfahrungen und aktives Zuhören.
4. Wie sind die Forschenden genau vorgegangen?
- 22 systemisch ausgebildete Therapeut:innen aus den USA.
- Halbstrukturierte Zoom-Interviews, 23–53 Minuten.
- Reflexive thematische Analyse nach Braun & Clarke.
- Theoretischer Rahmen: Paulo Freires „critical consciousness“.
5. Was sind die Limitationen der Studie?
- Stark engagierte Stichprobe – nicht repräsentativ.
- US-spezifischer Kontext (Rassismusdebatte, politische Polarisierung).
- Keine Daten zu Auswirkungen auf Klient:innen.
- Begrenzte Diversität – Mehrheit weiß, weiblich, akademisch.
Zitation (APA 7)
Golojuch, L. A., Morgan, A. A., & Mittal, M. (2025). “As therapists, we get to be quietly subversive”: A qualitative exploration of CFTs‘ social justice practices. Journal of Marital and Family Therapy, 51(2), e70006. https://doi.org/10.1111/jmft.70006
Journal-Info: Journal of Marital and Family Therapy ist ein double-blind peer-reviewed Journal, das international als Leitmedium für systemische Therapie und Paartherapie gilt.
