Hat mein Partner ADS?






Allgemeine Fakten über ADS bei Erwachsenen und mögliche Ursachen

Als Paartherapeut in der Online-Paartherapie begegne ich oft Fragen bezüglich Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) bei Erwachsenen und dessen Einfluss auf Beziehungen. ADS ist eine neurobiologische Erkrankung, die häufig in der Kindheit beginnt und sich ins Erwachsenenalter fortsetzen kann. Die Symptome umfassen Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeitsaufrechterhaltung, Impulsivität und in manchen Fällen Hyperaktivität, obwohl das letztere Merkmal bei Erwachsenen weniger ausgeprägt sein kann.

Die genauen Ursachen von ADS sind noch nicht vollständig verstanden, aber Forschungen weisen auf eine Kombination von genetischen, neurobiologischen und umweltbedingten Faktoren hin. Veränderungen in verschiedenen Bereichen des Gehirns, die für die Regulierung von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle zuständig sind, spielen eine entscheidende Rolle. Diese Veränderungen sind oft verbunden mit einer Dysregulation von Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin, die wesentlich für die Informationsverarbeitung im Gehirn sind.

 

Sieben Fragen zur Erkennung von ADS bei deinem Partner

Wenn du unsicher bist, ob dein Partner ADS hat, können folgende Fragen eine erste Orientierung bieten (Achtung: dies ist kein Diagnosetool, und es gibt viele andere mögliche Gründe, falls “ja” die Antwort auf eine oder mehrere Fragen ist):

  1. Hat mein Partner oft Schwierigkeiten, sich bei Alltagsaufgaben zu konzentrieren?
  2. Vergisst mein Partner regelmäßig Verpflichtungen oder Termine?
  3. Ist Impulsivität in Entscheidungen oder Aussagen häufig bei meinem Partner zu beobachten?
  4. Zeigt mein Partner oft eine niedrige Frustrationstoleranz?
  5. Hat mein Partner Schwierigkeiten, Projekte zu beginnen oder abzuschließen?
  6. Neigt mein Partner zu Unruhe oder ständigem Bedürfnis nach Bewegung?
  7. Erlebt mein Partner häufig Stimmungsschwankungen?

 

Herausforderungen für Partner von ADS-Betroffenen

Leben mit einem Partner, der ADS hat, kann besondere Herausforderungen mit sich bringen. Diese umfassen oft die Bewältigung von Unorganisiertheit und Vergesslichkeit, was zu Spannungen in der Beziehung führen kann. Impulsivität des Partners kann ebenfalls zu Konflikten führen, besonders wenn es um finanzielle Entscheidungen oder soziale Interaktionen geht. Emotional kann es für den nicht betroffenen Partner anstrengend sein, da die Stimmungsschwankungen und die inkonsequente Aufmerksamkeit des Partners zu Unsicherheit und Verletzungen führen können.

 

Positive Aspekte eines ADS-betroffenen Partners in der Beziehung

Trotz der Herausforderungen bringen viele mit ADS betroffene Personen auch positive Eigenschaften in eine Beziehung ein. Viele Betroffene sind besonders kreativ und haben innovative Ideen. Ihre Fähigkeit, schnell zu denken und enthusiastisch auf neue Interessen zu reagieren, kann eine Beziehung beleben und für dynamische Interaktionen sorgen. Außerdem können ihre Spontanität und ihr oft humorvoller Umgang mit dem Leben Freude und Leichtigkeit in die Beziehung bringen.

 

Unterstützung für ADS-betroffene Partner in der Beziehung

Die Unterstützung eines ADS-betroffenen Partners in einer Beziehung erfordert Verständnis und Geduld. Es ist wichtig, ohne Stigmatisierung zu kommunizieren und gemeinsam Strategien zu entwickeln, die dem betroffenen Partner helfen, seinen Alltag besser zu strukturieren. Dies kann die Einrichtung fester Routinen, die Nutzung organisatorischer Hilfsmittel oder die Inanspruchnahme professioneller Hilfe umfassen. Wichtig ist auch, dass der nicht betroffene Partner eigene Grenzen setzt und für seinen emotionalen Selbstschutz sorgt.

 

Die Bedeutung der Diagnose von ADS in der Beziehung

Ob ADS bei deinem Partner diagnostiziert wurde oder nicht, kann (muss aber nicht) einen wesentlichen Unterschied für eure Beziehung bedeuten. Eine formelle Diagnose kann euch Partnern helfen, das Verhalten des betroffenen Partners besser zu verstehen und zu akzeptieren. Es ermöglicht auch den Zugang zu spezifischen Ressourcen und Unterstützungsangeboten, die speziell für ADS entwickelt wurden. Eine formelle Diagnose kann aber auch das Gegenteil bewirken, nämlich eine dauernde Zuweisung aller Beziehungsprobleme auf die Diagnose und damit den betroffenen Partner.

Es ist auch ohne eine offizielle Diagnose möglich, durch bewusste Anpassungen und gegenseitiges Verständnis die Beziehungsqualität zu verbessern. Ganz pragmatisch betrachtet sollten mit oder ohne Diagnose Strategien entwickelt werden, die beiden Partnern in der Beziehung weiterhelfen. 

 

Wie Online-Paartherapie helfen kann, wenn ADS die Beziehung beeinflusst

Die Online-Paartherapie bietet spezifische Vorteile für Paare, bei denen einer der Partner ADS hat. Sie ermöglicht es, individuelle und gemeinsame Sitzungen flexibel zu planen, was besonders wichtig ist für die Bewältigung der durch ADS bedingten Herausforderungen. In der Therapie können Paare lernen, effektiv zu kommunizieren, Konflikte zu lösen und Strategien zu entwickeln, um die durch ADS verursachten Probleme gemeinsam zu meistern. Der systemische Ansatz, der in der Online-Paartherapie häufig verwendet wird, hilft dabei, die Beziehungsdynamik im Gesamtkontext zu betrachten und beide Partner in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

 

Bitte beachte: dieser Artikel ist kein Ersatz für eine ausführliche Diagnostik. Er soll eine erste Idee anbieten, Beziehungsprobleme möglicherweise vor einem anderen Hintergrund zu betrachten und Lösungsansätze aufzeigen.