Diese Studie aus den USA versucht die Paartherapie-Forschungslücke zwischen klinischen, randomisierten Studien (sehr kontrollierte Rahmenbedingungen) und paartherapeutischen Feldstudien (kaum kontrollierbare Rahmenbedingungen) zu schließen. Die Autor:innen haben festgestellt, dass die Wirkstärke von Paartherapie in randomisierten klinischen Studien anders ausfällt als in Studien, die im „normalen“ Paartherapie-Setting stattfinden. In ihren Auswertungen kommen sie zu interessanten belegbaren Ergebnissen, die viele Erfahrungen aus unserem paartherapeutischen Alltag bestätigen dürften.

Der Beitrag erschien im Journal „Family Process“ im Wiley-Verlag. Das Journal ist peer-reviewed.

N.b.: die folgende Zusammenfassung basiert auf einer Zusammenfassung durch Bing Copilot, die ich redaktionell überprüft und nachbearbeitet habe.

Meta-analysis of couple therapy in non-randomized clinical trial studies: Individual and couple level outcomes

Zitation: Owen J, Sinha S, Polser GC, Hangge A, Davis J, Blum L, Drinane J. Meta-analysis of couple therapy in non-randomized clinical trial studies: Individual and couple level outcomes. Fam Process. 2023 Sep;62(3):976-992. doi: 10.1111/famp.12889. Epub 2023 Apr 28. PMID: 37114710.

Im Rahmen dieser Studie wurde eine Meta-Analyse von Paartherapiestudien durchführt, die keine randomisierten klinischen Studien (RCTs, Randomized Clinical Trials) sind. Die Autor:innen wollen herausfinden, wie wirksam Paartherapie in natürlichen Behandlungssituationen ist, im Vergleich zu RCTs, die strengere Kontrollen haben. Sie untersuchen auch verschiedene Moderatoren, die die Ergebnisse der Paartherapie beeinflussen können, wie z.B. die Erfahrung der Therapeut:innen, die Anzahl der Sitzungen, die Merkmale der Paare und die Behandlungseinstellungen.

Die Autor:innen identifizieren 48 Studien, die Paartherapie in nicht-randomisierten klinischen Studien untersuchen. Bemerkenswert ist hier der dokumentierte Suchaufwand, 6634 Studien kamen anfänglich in die engere Wahl.

Sie berechnen die Effektstärken für die Beziehungs- und individuellen Ergebnisse vor und nach der Behandlung. Sie finden heraus, dass die Paartherapie eine moderate Verbesserung der Beziehungs- und individuellen Funktionen bewirkt, mit Hedge’s g=0,522 für Beziehungsergebnisse und Hedge’s g=0,587 für individuelle Ergebnisse. Allerdings gibt es eine erhebliche Heterogenität in den Ergebnissen, was darauf hindeutet, dass einige Faktoren die Wirksamkeit der Paartherapie moderieren.

Die Autor:innen führen mehrere Meta-Regressionen durch, um die Moderatoren zu untersuchen. Sie finden heraus, dass für die Beziehungsergebnisse folgende Faktoren signifikant sind:

Alter der Paare: Ältere Paare haben bessere Ergebnisse als jüngere Paare. Die Autor:innen spekulieren, dass ältere Paare mehr Engagement, Motivation und Reife haben, um an ihrer Beziehung zu arbeiten.

Länge der Beziehung: Paare, die länger zusammen sind, haben bessere Ergebnisse als Paare, die kürzer zusammen sind. Die Autor:innen vermuten, dass Paare, die länger zusammen sind, mehr Ressourcen, Bindung und Vertrauen haben, die ihre Beziehung stärken können.

Prozentsatz der rassisch/ethnisch minorisierten (REM) Paare: Studien mit einem höheren Prozentsatz von REM-Paaren haben schlechtere Ergebnisse als Studien mit einem niedrigeren Prozentsatz. Die Autor:innen erklären, dass REM-Paare möglicherweise mehr Stressoren, Diskriminierung und kulturelle Barrieren erleben, die ihre Beziehung belasten können.

Veteran Affairs Medical Centers (VAMC, Einrichtungen speziell für frühere US-Militärangehörige): Studien, die in VAMC durchgeführt werden, haben schlechtere Ergebnisse als Studien, die in anderen Einrichtungen/Settings durchgeführt werden. Die Autor:innen weisen darauf hin, dass VAMC-Paare möglicherweise mehr psychische Probleme, Traumata und Anpassungsschwierigkeiten haben, die ihre Beziehung beeinträchtigen können.

Für die individuellen Ergebnisse finden die Autor:innen heraus, dass folgende Faktoren signifikant sind:

Anzahl der Sitzungen: Studien, die mehr Sitzungen haben, haben bessere Ergebnisse als Studien, die weniger Sitzungen haben. Die Autor:innen argumentieren, dass mehr Sitzungen mehr Zeit und Gelegenheit bieten, um individuelle Probleme anzugehen und zu lösen.

Alter der Paare: Wie bei den Beziehungsergebnissen haben ältere Paare bessere individuelle Ergebnisse als jüngere Paare. Die Autor:innen schlagen vor, dass ältere Paare mehr Lebenserfahrung, Weisheit und Selbstregulation haben, die ihre individuelle Funktion verbessern können.

VAMC (Einrichtungen speziell für frühere US-Militärangehörige): Im Gegensatz zu den Beziehungsergebnissen haben Studien, die in VAMC durchgeführt werden, bessere individuelle Ergebnisse als Studien, die in anderen Einstellungen durchgeführt werden. Die Autor:innen erklären, dass VAMC möglicherweise mehr Ressourcen, Unterstützung und Fachwissen haben, um individuelle Probleme zu behandeln, insbesondere solche, die mit dem Militärdienst zusammenhängen.

Prozentsatz der REM-Paare: Wie bei den Beziehungsergebnissen haben Studien mit einem höheren Prozentsatz von REM-Paaren schlechtere individuelle Ergebnisse als Studien mit einem niedrigeren Prozentsatz. Die Autor:innen wiederholen, dass REM-Paare möglicherweise mehr Herausforderungen, Benachteiligungen und kulturelle Unterschiede erleben, die ihre individuelle Funktion beeinträchtigen können.

Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass Paartherapie in nicht-randomisierten klinischen Studien eine moderate Wirksamkeit hat, die jedoch von verschiedenen Moderatoren abhängt. Sie betonen die Bedeutung, diese Moderatoren zu berücksichtigen, um die Paartherapie zu verbessern und anzupassen. Sie schlagen auch vor, dass mehr Forschung über die Mechanismen, Prozesse und Kontexte der Paartherapie in natürlichen Behandlungssituationen erforderlich ist. Sie geben einige Einschränkungen ihrer Meta-Analyse an, wie z.B. die begrenzte Anzahl und Qualität der Studien, die mangelnde Kontrolle über die Verzerrung und die mögliche Übergeneralisierung der Ergebnisse.