Wir kennen wahrscheinlich alle diese Situationen in der Paartherapie, in denen uns ein Paar gegenübersitzt, und beide sind felsenfest überzeugt, dass der/die andere sich ändern müsse? Welchen Einfluss diese Grundhaltung auf die Wirksamkeit von Psychoedukation hat, wird in dieser Studie untersucht.
Der folgende Beitrag wurde im Journal of Marital and Family Therapy veröffentlicht. Dieses Journal erscheint im Wiley Verlag und widmet sich speziell der systemischen Familientherapie. Das Journal ist nach Angaben des Finanziers, der American Association for Marriage and Family Therapy, peer-reviewed.
N.b.: die folgende Zusammenfassung basiert auf einer Zusammenfassung durch Bing Copilot, die ich redaktionell überprüft und nachbearbeitet habe.
“No, It’s You:” Dyadic perceived need for change predicts relationship education outcomes.
Zitation: Crapo, J. S., Bradford, K., Kopystynska, O., Spuhler, B. K., & Higginbotham, B. J. (2023). “No, It’s You:” Dyadic perceived need for change predicts relationship education outcomes. Journal of Marital and Family Therapy, 49, 802–824. https://doi.org/10.1111/jmft.12658
Diese Studie behandelt den Einfluss der wahrgenommenen Veränderungsbedürftigkeit (bei sich und bei der/dem Partner:in) auf die Ergebnisse von Relationship Education, also der Psychoedukation in Beziehungsfragen. Die Autor:innen untersuchten, wie die Übereinstimmung und der Durchschnitt der Bewertungen des Veränderungsbedarfs jedes Partners mit der Veränderung in drei RE-Ergebnissen zusammenhängen: Wissen, Kommunikation und Engagement. Die Autor:innen verwendeten Daten von einem RE-Kurs für Paare (n = 447 Paare) und führten strukturgleichungsmodellbasierte Latent-Change-Score-Analysen durch.
Die Autor:innen stellen die Hypothese auf, dass die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit ein wichtiger Teilnehmerfaktor ist, der die RE-Ergebnisse beeinflusst. Sie beziehen sich auf verschiedene therapeutische Modelle des Wandels, die die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit als eine treibende Kraft für das Verhalten annehmen, das die Bereitschaft zum Wandel darstellt. Sie argumentierten, dass die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit ein komplexer dyadischer Prozess ist, der die Wahrnehmung dessen, was jede:r Einzelne und was jede:r Partner:in tun sollte (und tatsächlich tut), um die Beziehung aufrechtzuerhalten, umfasst.
Die Autor:innen maßen die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit mit einer Skala, die die Teilnehmer aufforderte, zu bewerten, wie sehr sie selbst und ihr:e Partner:in sich in verschiedenen Aspekten ihrer Beziehung ändern müssen, wie z.B. Kommunikation, Konfliktlösung, Zuneigung, etc. Sie berechneten die Übereinstimmung zwischen den Partnern, indem sie die Differenz zwischen den Bewertungen des Veränderungsbedarfs jedes Partners bildeten. Sie berechneten auch den Durchschnitt der Bewertungen des Veränderungsbedarfs jedes Partners. Sie maßen die RE-Ergebnisse mit Skalen, die das Wissen über Beziehungsfähigkeiten, die Qualität der Kommunikation und das Engagement für die Beziehung erfassten. Sie verwendeten die Vor- und Nachtestwerte dieser Skalen, um die Veränderung in den RE-Ergebnissen zu schätzen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Übereinstimmung zwischen den Partnern in der wahrgenommenen Veränderungsbedürftigkeit negativ mit der Veränderung im Wissen und in der Kommunikation zusammenhing, was bedeutet, dass je mehr die Partner unterschiedliche Meinungen darüber hatten, wer sich ändern muss, desto weniger lernten sie und verbesserten ihre Kommunikation. Die Übereinstimmung zwischen den Partnern war nicht signifikant mit der Veränderung im Engagement verbunden. Der Durchschnitt der Bewertungen des Veränderungsbedarfs jedes Partners war positiv mit der Veränderung im Wissen und in der Kommunikation verbunden, was bedeutet, dass je mehr die Partner das Gefühl hatten, dass sie beide sich ändern müssen, desto mehr lernten sie und verbesserten ihre Kommunikation. Der Durchschnitt der Bewertungen des Veränderungsbedarfs jedes Partners war negativ mit der Veränderung im Engagement verbunden, was bedeutet, dass je mehr die Partner das Gefühl hatten, dass sie beide sich ändern müssen, desto weniger engagierten sie sich für die Beziehung.
Die Autor:innen diskutierten die Implikationen ihrer Ergebnisse für die RE-Programmierung und -Implementierung. Sie schlugen vor, dass die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit ein wichtiger Faktor ist, der die Motivation und das Engagement der Teilnehmer für die RE beeinflusst. Sie empfahlen, dass die RE-Trainer:innen die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit der Teilnehmer bewerten und ansprechen sollten, um die Diskrepanzen zwischen den Partnern zu verringern und die Bereitschaft zur Veränderung zu erhöhen. Sie betonten auch die potenzielle Rolle therapeutischer Modelle und Techniken in der RE, um die Teilnehmerfaktoren zu berücksichtigen, die die RE-Ergebnisse beeinflussen. Sie schlugen vor, dass zukünftige Studien die wahrgenommene Veränderungsbedürftigkeit in verschiedenen RE-Kontexten und mit verschiedenen Teilnehmergruppen untersuchen sollten.