1. Worum geht es in dieser Studie?

Diese US-amerikanische Studie untersucht, wie zwei zentrale psychologische Merkmale – negative Urgency (die Tendenz, bei negativen Emotionen impulsiv zu reagieren) und kognitive Neubewertung (die Fähigkeit, Emotionen durch veränderte Perspektive zu regulieren) – das Kommunikationsverhalten von Paaren in Konfliktsituationen beeinflussen. Untersucht wurden dabei sowohl individuelle Effekte als auch die Dynamik innerhalb der Partnerschaft. Die Daten stammen aus einem großen Sample von einkommensschwachen Paaren, die an einem Online-Beziehungsprogramm teilnahmen.

2. Was haben die Forschenden herausgefunden?

  • Kognitive Neubewertung war klar mit weniger Konfliktverhalten verbunden – in Eigen- und Partnerwahrnehmung.
  • Negative Urgency allein sagte Konflikte nicht gut voraus, wurde aber kritisch, wenn sie mit geringer Neubewertungsfähigkeit kombiniert war.
  • Die schädlichste Kombination: hohe Impulsivität + geringe kognitive Regulation.
  • Partner:innen beeinflussen sich zwar emotional, aber es zeigte sich kein starker Puffer-Effekt durch „besser regulierte“ Partner.

3. Warum ist diese Studie für praktizierende Paartherapeut:innen interessant?

  • Emotionale Regulationstrainings (z. B. Achtsamkeit, Reframing) wirken konfliktdämpfend.
  • Konfliktgespräche sollten gut vorbereitet und strukturiert sein – mit „Soft Startups“ und Gesprächsregeln.
  • Bei impulsiven Partner:innen lohnt sich präventive Arbeit an Emotionsregulation (Time-outs, Journaling etc.).
  • Die Studie betont: Dyadische und individuelle Dynamiken gehören zusammen gedacht – ein Plädoyer für integrative Prozessdiagnostik.

4. Wie sind die Forschenden genau vorgegangen?

  • Stichprobe: 1.240 Paare (n = 2.480), v. a. heterosexuell, einkommensschwach, Ø 33 Jahre.
  • Design: Online-Befragung innerhalb des US-Programms „OurRelationship“.
  • Instrumente: UPPS-P für Impulsivität, ERQ für Reappraisal, Konfliktskala (4 Items).
  • Analyse: Dyadisches APIM-Modell (Akteur-Partner-Interdependenz-Modell).

5. Was sind die Limitationen der Studie?

  • Selbstberichte – keine Verhaltensbeobachtung.
  • Fokus auf verbale Alltagskonflikte – schwerere Gewaltformen wurden ausgeschlossen.
  • Sozialstrukturelle Eingrenzung – vorwiegend niedriges Einkommen, geringe Bildung.

Zitation (APA 7)

Poole, E. J., Broos, H. C., Timpano, K. R., & Doss, B. D. (2025). The interplay of negative urgency and cognitive reappraisal in couples‘ communication conflict. Journal of Marital and Family Therapy, 51(1), e12742. https://doi.org/10.1111/jmft.12742

Journal-Info: Journal of Marital and Family Therapy ist ein double-blind peer-reviewed Journal, das weltweit zu den führenden Fachzeitschriften im Bereich Paar- und Familientherapie zählt.